Vorfahren kannten die Gefahr

Der Tsunami vom 11. März hat ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht. Strassen, Schienen und Häuser wurden von den meterhohen Flutwellen mitgerissen, als wären sie Spielzeuge. Doch interessanterweise stoppten die Wassermassen genau vor der Wegführung der historischen Handelsstrasse Oshu Kaido, welche ab dem 17. Jahrhundert die Stadt Shirakawa in der Präfektur Fukushima mit der Hauptstadt Edo, dem heutigen Tokio, verband.

Auch eine weitere edozeitliche Küstenstrasse, die in die Oshu Kaido führte, wäre vom Tsunami des 11. März verschont geblieben. Dies ist kein Zufall. So meint Geschichtsprofessor Arata Hirakawa von der Universität Tohoku im Gespräch mit der Mainichi Shimbun, dass die Menschen von damals aus der Erfahrung eines Tsunami gelernt und die Strassen absichtlich einige Kilometer ins Landesinnere verlegt haben müssen.

Alle 400 bis 500 Jahre wieder

Tatsächlich gab es 1611, also bevor die Oshu Kaido gebaut wurde, den sogenannten Keicho-Tsunami, der über 1700 Menschen das Leben kostete. Historische Quellen sprechen von Booten, die bis zu 4 Kilometer ins Landesinnere geschwemmt wurden. Man müsse daher annehmen, dass die Bewohner der Gegend nach den Erfahrungen des Keicho-Tsunami die Strasse und damit auch den Dorfkern bewusst an einer gesicherten Stelle weg von der Küste errichteten, erklärt Hirakawa weiter.

Im Laufe der Zeit, die Region erlebt alle 400 bis 500 Jahre einen Riesentsunami, geriet die Katastrophe in Vergessenheit. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, dem Anbeginn der industriellen Modernisierung Japans, wurde schliesslich wieder näher an der Küste gebaut. Hirakawas kann daher nur ein Fazit ziehen: Nach dem 11. März müsse Japan wieder besser von seinen historisch dokumentierten Naturkatastrophen lernen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen.

Der Sumo-Meister trotzt den Wellensumo

Ein weiteres ermutigendes standhaftes Zeichen aus der Vergangenheit kommt vom 9. Sumomeister Hidenoyama Raigoro. Seine im Nationalpark der Stadt Kesennuma stehende Bronzestatue in der Präfektur Miyagi trotzte dem Tsunami vom 11. März, während Kieferbäume umknickten und in der Umgebung gelegene Gebäude teilweise zerstört wurden.

Hidenoyama, der 1862 verstarb, war mit 164 Zentimetern der kleinste Sumomeister in der Geschichte des japanischen Traditionssports. Dass gerade sein Monument den Wellen nicht nachgab, gibt den Bewohnern seiner Heimatstadt Kesennuma Mut. «Sein Geist sagt uns, dass wir uns vom Tsunami nicht unterkriegen lassen dürfen», so ein Sprecher des Tourismusbüro der Stadt gegenüber der Nachrichtenagentur Jiji News.

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Mit freundlicher Genehmigung von www.asienspiegel.ch <Original-Artikel >