Die Festung Narita

Jeder, der schon einmal vom internationalen Tokioter Flughafen Narita abgeflogen ist, hat die Prozedur durchgemacht. Kaum ist man mit dem Zug angekommen, gibt es schon eine erste Kontrolle von Pass und manchmal auch vom Gepäck. Kommt man mit dem Bus nach Narita steigen gleich mehrere Sicherheitsleute beim Eingangstor zum Flughafengelände zum ID-Check ein. Das ist einmalig in Japan und das schon seit über 30 Jahren.

Viele Passagiere empfinden dies mittlerweile als lästig. Nicht selten kommt es dadurch zu Verzögerungen im Verkehrsfluss. So sehen es auch die lokale Regierung und die Flughafengeschäfte.

Diese fordern vom Flughafen Narita die Abschaffung der Eingangskontrollen, wie die Yomiuri Shimbun berichtet. Sie befürchten, dass viele Passagiere auf den ausgebauten Stadtflughafen Haneda ausweichen werden.

Die turbulenten Baujahre

Mit der Grenzpolizei hat diese Kontrolle in Narita übrigens nichts zu tun. Es ist eine vom Flughafen angestellte private Sicherheitsfirma, die diese Aufgabe an sechs Kontrollpunkten übernimmt. Zur Unterstützung stehen ihnr lokale Polizisten zur Seite.

Offiziell geht es bei der Prozedur darum, den Flughafen vor Terrorismus und Sabotageakten zu schützen. 1978, als die Kontrollen eingeführt wurden, machte diese Massnahme durchaus Sinn. Denn der Flughafen Narita hat eine bewegte Geschichte hinter sich.

Als 1966 der Bau des Flughafens und damit auch Landenteignungen beschlossen wurden, formierte sich eine wirkungsvolle Widerstandsgruppe von betroffenen lokalen Bauern, Bewohnern und linksgerichteten Studenten. 1971 kam es zu heftigen Protesten, als 3 Polizisten ums Leben kamen.

Zur Festung ausgebaut

Der Widerstand hielt an. Es folgten Zwangsenteignungen durch den Staat. Mit 7 Jahren Verspätung eröffnete der Flughafen 1978 seine Tore. Kurz davor besetzte eine Aktivistengruppe den Kontrollturm und beschädigte dessen Einrichtung.

In der Folge wurde das gesamte Flughafengeländer zur Festung ausgebaut. Metallzäune wurden hochgezogen, Checkpoints eingerichtet und ID-Kontrollen an den Eingängen eingeführt.

Die Widerstandsnester

Trotz des immensen Drucks und des ständigen Kerosingestanks haben einige wenige Bauern bis heute ihr Land nicht weggeben. Bisweilen sind diese Grundstücke nur noch durch Tunnel erreichbar.Sie sind zu Widerstandsnestern inmitten des Flughafengeländes geworden. Eine Fahrbahn für Flugzeuge musste gar kurvenreich um einen Bauernhof angelegt werden.  Der Staat könnte die Bauern enteignen, verzichtet aber aus Angst vor gewalttätigen Reaktionen darauf.

Eine inzwischen geschrumpfte Widerstandsgruppe hält heute noch die Stellung. Gegen jeglichen Ausbau wird aktiv opponiert. Die Schlagkraft von einst hat sie jedoch verloren. In den letzten Jahren bereiteten sie den Flughafenbetreibern kaum noch grosse Schwierigkeiten.

Abschaffung der Kontrollen

Der Bürgermeister des anliegendenden Dorfes Shibayama fordert daher die Abschaffung der ID-Kontrolle, die er als lästig und schädlich für das Flughafengeschäft ansieht. Shibayama ist einerseits ein Zentrum des Widerstandsnestes, gleichzeitig aber von der Flughafenindustrie wirtschaftlich abhängig. Da Narita gemäss der Mainichi Shimbun in naher Zukunft die Flugbewegungen massiv erhöhen will, werden durch die Kontrollen noch mehr Verzögerungen erwartet.

Die von über 30 Jahren Demonstrationen gezeichnete lokale Polizei derweil hält eine Abschaffung der Kontrollen auch hinsichtlich des internationalen Terrorismus’ als gefährlich.

Letztendlich ist es am Flughafenbetreiber von Narita zu entscheiden. Dieser prüft zurzeit die Zahl der Sicherheitskameras zu erhöhen, um die Personenkontrolle dereinst abschaffen zu können. Fest steht: der Flughafen Narita bleibt auch in Zukunft eine Festung, die ihresgleichen sucht.

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Mit freundlicher Genehmigung von www.asienspiegel.ch <Original-Artikel >